Musikertraining nach Tomatis

Das Gefühl von „blinden Flecken“ im Hören ist jedem schon einmal begegnet. Damit sind die Momente gemeint, an denen man sich selbst verunsichert fragt, warum man das nicht hören kann, was anderen so wichtig ist:

Der Lehrer spricht über Klangfarben, die sich verändern müssen, die Kollegin über Reibungen in der Intonation, oder im Kreis der Kommilitonen wird die Frage nach dem Wie des musikalischem Ausdrucks heiß diskutiert.

MusikerInnen wissen oft nicht, dass bestimmte neurophysiologische Voraussetzungen der Hörverarbeitung von Kindheit an angelegt sind.  (www.musicandbrain.de). Jedes musikalische Training bedeutet eine Verfestigung der angeborenen, gewohnten und somit stark verdrahteten Verarbeitungsbahnen im Gehirn. Wir haben also stabil eintrainierte Hörmuster, die sich nur durch intensive Stimulation von „Unerhörtem“ anregen und verändern lassen. Erst dann erweitert sich unsere Hörwahrnehmung, und wir können immer besser hören und somit verstehen, worum es dem Lehrer, der Kollegin oder den Kommilitonen wirklich geht.

Ein Weiteres kommt hinzu: So wie wir hören, so spielen wir. In unserem Klang können wir nur die Obertöne und Klangfarben bewußt gestalten, die wir differenziert wahrnehmen können. Und nicht immer ist uns MusikerInnen bewußt, was unser Gehirn alles leistet, wenn es Musik und Klang verarbeitet und was diese Verarbeitung in den top-down-Prozessen wiederum in unserem (musizierenden) Körper auslöst.

Die Stimme enthält nur die Frequenzen, die das Ohr
wahrnehmen kann.

Dr. Alfred Tomatis1. Gesetz

Dr. Tomatis (1920 – 2001) war Phoniater und HNO-Arzt in Paris und hat sein Leben lang mit Musikern, insbesondere Sängern, gearbeitet und geforscht. Er stellte fest, dass Sänger mit Stimmproblemen oft über einen ganz gesunden Stimmapparat verfügten, allerdings zeigten sich im Hörvermögen Schwierigkeiten, gewisse Frequenzen gut wahrzunehmen.

Er entwickelte eine Art Equalizer, den er „Elektronisches Ohr“ nannte, um über ein intensives Training der Hörverarbeitung die Hörwahrnehmung der Sänger zu erweitern und stellte dabei fest, dass auch die Stimmprobleme weniger wurden bzw. verschwanden.

In meiner Ausbildung zur Tomatis-Therapeutin fanden diese Forschung von Dr. Tomatis zu Musikern eher als historische Randnotiz Erwähnung. Auch gab es im deutschsprachigen Raum niemanden, der mir sagen konnte, wie man mit Musikern sinnvoll arbeitet. So habe ich mich mit der Gründung der Hörakademie 2004 in enger Zusammenarbeit mit guten Musikern selbst auf den Weg gemacht, die Ideen von Dr. Tomatis zu verstehen, zu überprüfen, zu erweitern und habe das Musikertraining nach Tomatis entwickelt.

Das Musikertraining nach Tomatis bietet MusikerInnen die Möglichkeit, neue und ungewohnte Aspekte des Hörens aktiv zu entdecken und den eigenen Klang anders wahrnehmen und verfeinern zu können.
Neues Hören und Wahrnehmen bringt das gesamte muskuläre System in andere Regulationsmöglichkeiten. Denn an unserer Hörverarbeitung hängt jeder noch so kleine Muskel des Körpers, den wir benötigen, um unsere musikalischen, technischen und klanglichen Vorstellungen umsetzen zu können.

Das Musikertraining nach Tomatis biete ich zum einen als klassisches Hörtraining nach Tomatis an, das die gesamte Hörverarbeitung und -wahrnehmung des Musikers anregt und nachhaltig verbessert.

Zum anderen können sich Musiker bei mir in den sogenannten „Aktiven Sitzungen“ in kurzer Zeit auf klanglicher, sensomotorischer und koordinativer Ebene ganz neu entdecken, somit sich erheblich stabiler, unabhängiger und selbstbewußter den Herausforderungen dieses anspruchsvollen Berufs stellen.

Was durch das Musikertraining zu erreichen ist:

  • Als Musiker kennen wir alle „Dauerbaustellen“, an denen wir immer arbeiten müssen, z.B. Intonation in gewissen Bereichen, Artikulation, Schnelligkeit, Ansprache der Töne bis hin zu muskulären Verspannungen und Schmerzen. Im normalen Alltag kommen wir irgendwie damit zu recht. Aber vor allem in Stress-Situationen rücken unsere Dauerbaustellen in den Vordergrund. Dies kann die Nervosität erhöhen, Schmerzen mehr werden lassen, uns andere Aspekte unseres Spiels nicht wahrnehmen und sogar ausblenden lassen. Durch Erweiterung der Hör- und Körperwahrnehmung findet man durch das Musikertraining neue Lösungen und kann in stressigen Situationen fokussierter und ruhiger bleiben.
  • Die gesamte Körper- und Eigenwahrnehmung wird trainiert. Dies geschieht durch eine spezielle Rückkoppelung des eigenen Klanges über die Knochenleitung, und führt dazu, einen anderen Kontakt zum Instrument zu bekommen, bzw. als Sänger die Stimme noch bewußter im Körper verankern und den Körper als Resonanzraum nutzen zu können.
  • Eine Verbesserung der Körper- und Eigenwahrnehmung lässt uns auch mit schwieriger Akustik besser zurechtkommen, da wir besser kontrollieren können, wie wir ein freies Spielgefühl und Körpergefühl unabhängig vom der jeweiligen Raumakustik bewahren können.
  • Es verbessert sich maßgeblich das Hören von Intonation und Klangfarben. Koordinative Schwierigkeiten (z.B. Zunge/Finger, rechte-linke Hand) können anders wahrgenommen und reguliert werden. Der Klang wird zentrierter, freier und größer. Technisch schwere Stellen können neu gelernt werden.
  • Bei körperlichen Veränderungen und Einschränkungen (z.B. Hörsturz, Akustikusneurinom, beginnende fokale Dystonie) hilft das Musikertraining, einen guten Umgang mit den Begleitsymptomen und neue Lösungswege zu finden, um als Musiker weiter arbeiten zu können.
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